14. TurmStipendium im Wasserturm
Künstler: Peter Bogatka, Peter Busch, Peter Strege, Reiner Lichtenscheidt
Abschluss/Eröffnung: 01.09.2013, 11:00 Uhr
Konzert: 14.09., „Der Caravan Tango“ Caravan + Satellit
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Presseartikel: „Turmquartett“ von Heiner Frost
Presseartikel: Rheinische Post, 03.09. von Elisabeth George
Presseartikel von Heiner Frost:Turmquartett
Tschüss
„Schreib was Schönes“, sagen sie und winken zum Abschied. Als ob man zur Vernichtung ins Leben gerutscht wäre. „Kein Problem. Das lässt sich machen.“
Vier Männer machen Kunst im Turm. Und dann auch wieder nicht. Das ‚nicht‘ lässt sich auf den Turm beziehen. Und auf die Kunst. Vier Männer sprechen über das Leben. Zwei sind 70+, einer ist 60+, und dann ist da noch „der Junge“, aber hier findet kein Wettbewerb der schönsten
Krankengeschichten statt. Das Leben ist das Leben. Damit fertig zu werden, ist ein Kunststück. So einfach ist am Ende alles. Die vier Männer sind ein zeitlich begrenztes Kunstkollektiv im alten Gelderner Wasserturm. Sie leben zusammen und künstlern alleine.
Ihr Anliegen: Kunst als Teil des Lebendigen. Die vier sind Stipendiaten. Da stellt man sich ja gern was Jüngeres vor und muss dann bekennen, auch nur ein Schubladenschieber zu sein. Natürlich klingt das ausgelutscht, aber; Jugend ist keine Frage des Alters. Was hier passiert, nennt sich Turmstipendium. Erst wird zusammen gewohnt. Gelebt. Erfahren. Anschließend
dann: Notwendige Präsentation von Entstandenem – das Stadtschreiberprinzip.
Schon während der Arbeitsphase kann jeder zu Besuch kommen. Die vier Herren werden zu einer Art öffentlichem Kunstmobiliar. Der Kunst beim Entstehen zuzuschauen ist ein Luxus der besonderen Art. Man sollte die Herren per Rezept verordnen können. Ihr Dasein hilft. Was sie produzieren, könnte unterschiedlicher kaum sein, und doch arbeiten sie alle an einem konsonanten Grundklang.
Wenn ich nicht malen muss
Wenn man im Turm anruft und nach Peter fragt, gibt es Probleme. Peter gibt es drei: Peter Bogatka (50+), Peter Busch (60+) und Peter Strege (70+). Und dann gibt’s da noch den Reiner Lichterscheidt (70+). Vier Künstler proben den Umgang mit ihrem Publikum. Das „Du“ gehört zum Programm und wirkt nicht mal aufgesetzt. Das Quartett ist erstaunlich schnell
erstaunlich nah.
Bogatka zum Bespiel: Er hat Malerei gelernt. Als Peter Busch ihn fragte, ob er mitmacht beim Kunstprojekt im Wasserturm, sagte Bogatka: „Wenn ich nicht malen muss.“ Muss er nicht. Er dreht einen Film. Es wird eine Künstlerbiografie. Es geht um: Peter Bogatka. Der Künstler als
Regisseur im eigenen Leben. Keine biografische Meterware, sondern autobiografisches Entdecken der eigenen Position. Entwickeln durch Entdecken. Bogatka zieht mit Kamera in die Stadt und fragt die Menschen, die er trifft nach Peter Bogatka. So schnell kommt man ins Gespräch. Bogatka packt zwei seiner Bilder – ganz ohne die Malerei geht es halt doch nicht – auf eines dieser italienischen Dreiradautos, fährt zum Wochenmarkt und sammelt Reaktionen.
Kunst kommunizieren
Die vier Herren warten nicht ab, was die Kunst mit dem Publikum macht – sie lassen sich selbst beeinflussen, indem sie Einfluss nehmen. Es gibt keinen zweiten Schritt ohne den ersten. Klingt banal. Ist es aber auch. Nicht. Kunst heißt anfangen. Für die vier Männer im Turm heißt Kunst auch: Kommunizieren. Sie produzieren nicht, stellen dann aus und gut is – sie machen den Prozess zum Teil der Arbeit. Natürlich ist das nichts Neues. Aber vielleicht geht es nicht um das Neue – das Nie-Dagewesene. Es geht um die Klärung der eigenen Position in der Maschine, die sich Leben nennt und nicht ohne die anderen zu denken ist.
Die vier Herren sind Künstler und haben sich vorgenommen, die Kunst öffentlich zu machen, denn: Es gibt einen Unterschied zwischen Öffentlichmachung und Veröffentlichung. Veröffentlichung hat etwas Maschinelles. Öffentlichmachung setzt eine besondere Form der eigenen Anwesenheit voraus. Das Quartett arbeitet an einem paradoxen Ziel: Die Kunst
aus dem Turm zu holen, indem man sie hinein holt.
Lad‘ mich ein
Peter Strege geht auf Tournee. Er hat eine Plastik dabei. Das Motto: „Lad mich ein, dann besuch‘ ich dich.“ Wer ihn einlädt, bekommt Kunst und Künstler. Es wird geredet. Dialog entsteht. Strege kommt nicht als Vortragsreisender. Er kommt als jemand, der sich Fragen wünscht und Antworten geben kann. 13 Menschen hat er besucht. Einen Metzger auf dem Markt. Einen Richter. Eine Kneipenwirtin mit ihren zwei Gästen („Einer hat nichts gesagt.“) Strege war im Knast, in der Bank, bei einer Hausfrau. Immer hat er seine Plastik ausgepackt. Die Besuchten konnten beim Auspacken und Aufbauen mithelfen. („Würden Sie das jetzt so machen oder vielleicht eher so?“) Kunst ist eine Sache der Alternativen. Alternativen aber haben nichts mit Beliebigkeit zu tun. Man kommt ins Gespräch. Die Kunst als Korkenzieher. Hinter dem Korken stecken die Worte. Strege protokolliert jeden Besuch. Er schreibt einen Text, hat Fotos gemacht, und am Schluss entsteht eine Mappe. Es entstehen hinreißende
Unikate mit Texten, denen man anmerkt, dass einer hingehört und hingefühlt hat.
13 Einblicke in die Kunst des Umgangs mit dem Unvermeidlichen. Das Unvermeidliche ist nicht die Kunst. Es ist das eigene Leben, das plötzlich in der Kunst des anderen wieder auftaucht. Strege ist einer, mit dem man stundenlang reden kann. Er ist Zuhörer. Und Hingucker. Kein Akkordarbeiter am Fließband der hausgemachten Unsterblichkeit, die sich Kunst nennt. Die Formel: Wenn die Menschen in der Kunst auftauchen, taucht die Kunst auch in ihnen auf.
Das Auge lebt
Reiner Lichtenscheidt, Maler. In Geldern hat er sich einen Holzklotz bearbeiten lassen – einen
Kastanienstamm. Lichtenscheidt ist kein Mann der Säge. „Da kam extra einer, der sich mit so was auskennt“, erinnert sich Kollege Busch. „Der Reiner hat dann da gestanden und dirigiert. Da muss noch was weg.“ Das ist ein bisschen wie Haareschneiden: Weg geht immer, dran geht nimmer. Auch beim Dirigieren entstehen Gespräche. Über das Leben. Über die Kunst. Über die Kongruenz von beiden.
„Wenn du jetzt rausgehst, erwischst du den beim Malen“, sagt Busch. „Das ist bestimmt ein gutes Foto.“ Lichtenscheidt malt nicht. Er sitzt in der Spätaugustsonne vor der Skulptur. „Muss trocknen“, sagt er. „Setz dich“, sagt er. „Ziemlich archaisch, oder?“, fragt er. Man ist gleich im Zentrum. Mehr Zuhause geht nicht. Das Ding, das ein bisschen an die großen Skulpturen auf den Osterinseln erinnert, schaut aus unfertigen Augen. Auf schwarzem Grund entsteht das Gesicht. Ein Punktkranz zeigt die Augen. Lichtenscheidt steht auf und malt
mit schwarzer Farbe ins Zentrum des Punktekranzes. Das Auge beginnt zu leben. „Jetzt sieht der was“, sagt er. Der Mund ist rund. Auch der Mund bekommt einen schwarzen Punkt. „Jetzt kann der pfeifen.“ Oben – in der ersten Etage des Wasserturms: Lichtenscheidts Skizzen auf Leinwand. Eine ist beschriftet. „Whistleblower“ steht neben einer der
Kastanienstammfigur verdächtig ähnlichen Zeichnung, und plötzlich fügt sich die Skulptur in die Gegenwart ein. Eine Anmerkung zu unmittelbarer Geschichtswerdung. Lichtenscheidt sitzt wieder auf dem Stuhl vor der Skulptur. Er hat noch nicht fertig. „Fertig bist du, wenn du’s merkst. Dazu gehört Erfahrung.“ Lichtenscheidt war mit seinem Whistleblower in der Stadt unterwegs. Kunst muss raus. Oder rein.
Lad‘ mich ein
Peter Busch ist mit einer anderen Idee beschäftigt. Im Wasserturm (zweite Etage) arbeitet er an einem Kunstsalon. Menschen sollen ihm – dazu gehört Vertrauen – das Bild bringen, das sie mit auf die einsame Insel nehmen würden. „Dabei geht es nicht um den materiellen Wert des Bildes. Es geht um die Geschichte dahinter.“ Busch holt die Bilder nicht ab – die Leute
müssen kommen und sie bringen. Manchmal geht die Kunst nach draußen, indem man sie hinein holt. Um es noch paradoxer zu machen: Busch holt die Kunst aus dem Turm, indem er sie hineinlässt. Die Idee im Schatten: Kommunikation. Geschichten kommen. Geschichten gehen. Wenn die Ausstellung beginnt, wird es zu jedem Bild eine Beschriftung geben. Das Intime wird öffentlich – behutsam öffentlich. Öffentlichmachung. Nicht Veröffentlichung.
Quellenschaffer
Das Projekt im Wasserturm lebt vom Lebendigen – es geht nicht um Manifeste der Wissenschaft. Die vier im Turm sind keine Wissenschaftler. Sie sind Quellenschaffer. Was im Turm passiert, ist auf eine wunderbare Art und Weise schwerelos. Das Denken wird auf eine andere Schiene gestellt. „Schreib was Schönes“, sagen sie. Der Kopf läuft einem über. Keiner
kommt zum Zerstören. Auf der Fahrt an den Rechner: Musik im Auto. „Boy“. Sie singen: „July.“ Und da ist die Lösung. Warum selber das Loblied schreiben, wenn andere es längst gesungen haben:
Take off your shoes, you’ve come a long way. You walked all those miles now you’re in the
right place. This is your party, everyone came, everyone’s smiling and singing you name. The nightmares and monsters and your biggest fears seem lightyears away. No, they won’t find you here.
Das könnte der Soundtrack sein. Die Ausstellung zelebriert eine Ankunft im Innern der eigenen Seele. Kunst, möchte man meinen, hat etwas mit Aufrichtigkeit zu tun. Mit dem Sich-Aussetzen in der Wirklichkeit und mit einem Glauben an das Soziale. Kunst ist selten eine Sache des Ankommens. Meist geht es um einen Aufbruch. Die Beherrschung des Werkstoffs Leben funktioniert nur durch Kontrollverlust. Wer sich den Monstern stellt, hat beste Chancen, sie zu vertreiben. All das zeigt die Ausstellung im Gelderner Wasserturm. Sie zeigt
auch: Kunst hat ein Gewissen.
Das rostige Tor zum Turmgelände quietscht beim Schließen und der Blick zurück zum Turm wirkt wie eine Injektion aus Taka-Tuka-Land. Kein Äffchen. Kein Pferd. Dafür: Illusionäre Wirklichkeit in der wirklichen Illusion. Vielleicht sollten sie eine „Staatsbürgerschaft Wasserturm Geldern“ einführen. Man möchte ein Visum beantragen.
Heiner Frost
29. August 2013
www.heinerfrost.de/reportagen/Turmquartett.pdf
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Peter Strege, Mai 2013
Peter Strege: „Wenn alle Fragen erlaubt sind, wenn es keine, weder dem Thema, noch der darstellenden Medialität zugeordnete Ordnungsdominanz, d.h. Zulässigkeit, die sich aus der disziplinären Betrachtung ergibt, unmöglich sind, sondern allesamt zugelassen sein sollen, dann könnte das dazu führen, dass man in den zu führenden Gesprächen tatsächlich ans Eingemachte der eigenen und der gegenüberliegenden Denke herankäme. Das Kunstwerk bekäme den Nutzwertcharakter eines „Büchsenöffners“ für die sonst so sehr verbarrikadierten inneren Bereiche, in die hinein sich die Intimität unseres Seelenlebens so gern verkriecht. Das daraus zu folgernde „Sich-näher-kommen“, was einem aus dem Waisenhaus des eigenen Daseins Fluchtmoment gleichkommt, hat nichts mit den schwesterlichen oder brüderlichen gleichen Kappen zu tun, unter die sich die Unsicherheitskantonisten und gegenseitig sich Schenkel schlagenden rückversichernden „Blutsbrüdern“ und Interessenschwestern gerne versammeln.
Ein solches über Tage gehendes „Kunstmeeting“, eine Besprechnungsfreundschaft auf die Zeit des Ereignisses und das gezeigte Anläßliche begrenzt, kann Aufschluss geben über
die Dimensionen des Denkens und sich daraus selbst anstiftenden Handelns, das man normalerweise mit sich allein, im Kämmerlein oder Atelier ausmacht und das unter die Stichworte „Obsession“, Besessenheit oder „bei-sich-sein“ verbucht wird.“
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Das „Wie finde ich mich selbst?-Fundstück“
Über Möglichkeiten der Vermittlung, Aneignung, Verabscheuung und Liebe zur Kunst im Rahmen des Kunstturmstipendiums.
Entweder du liebst es, oder du schmeißt es weg!
Du weißt nichts davon und willst es auch nicht zu wissen lernen? Nichts darüber heraus kriegen, wovon andere mit Begeisterung oder hämischem Defätismus und voller Verachtung reden. Geradezu verachtungsvoll schmähen!
Das mit der Kunst hat es in sich. Dabei ist es doch ganz einfach: Du bist der Gefragte und zugleich der Fragende. Dein „Eingemachtes“ wird von dir selbst, sozusagen höchstpersönlich, abgewogen und nach Hause getragen. Gleichzeitig bist du der Verkäufer, der Vorkoster, die bäuerliche Erzeugerinstanz, das oder der Goumetkrtikaster und an jeder Stelle nur sich
selbst verleugnendes Opfer.
Du kannst das nicht! Du willst das auch nicht? Warum gibt es Idioten, die sich mit so etwas beschäftigen und dafür auch noch Geld ausgeben.
Unfassbar, wenn sogenannte KünsterInnen Freude an ihrer Arbeit haben und doch andauernd am klagen sind. Sie wollen etwas von mir und wissen doch augenscheinlich alle besser. Besonders, daß ich von dem, was sie für wichtig halten, keine Ahnung haben. Das
ist in höchstem Maße ungerecht, anmaßend, spinnert und bringt mich auf die Palme.
Das Geheimnis von dem sie sprechen, von dem sie nichts erzählen, aber mir tausend Bären aufbinden und mit fusseligem Mund mir ein oder beide Ohren abquatschen, geben sie nie preis. Sie versprechen es immer nur. Und ich, der ich es nicht hören kann, worauf sie
deuten und nicht sehen kann wovon sie erzählen, ich bleibe ein in Ungnade gefallener Depp, der, wenn er sich anpasst und tatsächlich mit mehr oder weniger gutem Gewissen ein Kunstwerk erwirbt, dieses nach Hause trägt und feststellt, daß es farblich nicht zur Wohnzimmereinrichtung paßt. Ich traue mich nicht, es umzutauschen.
Wieder Mal habe ich keine Ahnung. Aber es ist auch wirklich schwer. Mein Geschmack gehört doch mir und das, was in den Museen und Galerien ausgestellt wird, muß das mir unbedingt gefallen? Es gibt eine unheimliche Diktatur des guten Geschmacks. Gibt es die? Dann sagen doch Menschen, die geschult sind, daß das, worüber ich am Liebsten heulen, schweigen oder los schreien würde, daß das mit Geschmack überhaupt nichts zu tun habe. Mit was
dann?
Gegebenenfalls es wäre noch Marmelade da, könnte ich dann vielleicht doch etwas vom Schinken haben?
Unterm Sofa sammelt sich gerne der Staub und in den Ecken des Bilderrahmens blättert die Farbe. Das Fernsehprogramm ist schlecht, an dem Bild habe ich mich satt gesehen, weil ich immer noch nicht weiß, warum ich es gekauft, der Künstler es gemalt und wir beide uns über den Preis einig geworden sind. WEIL,WEIL,WEIL !!!
So, und jetzt zum Stipendium aus Sicht der Künstler:
Die sollen die Menschen mitnehmen. Einbeziehen und über sich und ihr „Schaffen“ reden neben dem Zeigen. Sie sollen sich und den Gegenstand ihrer „Behauptungsnot“ kommunizieren?
(Ich will aber niemanden einbeziehen. Bin auch kein Politiker und mitnehmen will ich nur die, die ich mag! Ich bin mir eigentlich selbst genug und warte darauf, daß ich entdeckt
werde!?)
Nun verzehren die Stipendiaten öffentliche Gelder und sind bei freier Logis im Wasserturm untergebracht. Sie sollen das örtliche Kunst- und Kulturleben der Stadt bereichern.
Von ihnen wird etwas erwartet. Nur was? Und von wem? Nicht warum!
Gehen wir einmal davon aus die KünstlerInnen wüßten was sie tun. Was sie tun möchten und was sie damit aussagen wollten. Nun tun sie dies an einem für sie fremden Ort und sollen sich dieser örtlichen Veränderung stellen. Geldern will anregend sein. Anregungen geben, die sich im künstlerischen Schaffensprozess niederschlagen und bestenfalls am Ende des Aufenthaltes sichtbar werden sollen.
Wenn nun aber die Muse im besagten Zeitraum nicht nach Geldern sich verläuft? Und kein Männlein oder Weib wird wachgeküßt? Was machen wir dann? Wenn das sich zeigt, bleibt uns die Pflicht der Tugend in der Zeit.
KünstlerInnensein bedeutet Programm! Ist selbstgewählte Auftragslage alle Tage und beutet sich gerne aus bei ungeregelter Arbeitszeit. Wer sich darüber beschwert, ist entweder
Dekorateur oder hat im Rahmen seiner Ausbildung den marktwirtschaftlichen Teil des Unterweisungsprogramms für wichtiger genommen als den eigentlichen Inhalt. Kann vorkommen.
Das bedeutet, daß die anreisenden Akteure Pfeile im Köcher haben, die sie in der Begegnung mit den Geldernern verbrauchen könnten. Sie könnten was erzählen und hier meine ich,
daß sie es unbedingt tun sollten, damit die Umherummenschen, die indogenen Einwohner
etwas von der Kunstartigkeit der auf Zeit Neuangekommenen mitkriegen. Wie ticken die? Was treibt die an? Wieso sieht ihr Zeug anders aus, als das was wir schon kennen? Wieso ist das Kunst, was ich ganz sicher, wäre es mir in die Quere gekommen, weggeschmissen hätte?
Fragen beleben das örtliche Einerlei, wenn sie sich stellen oder herausgefordert werden, daß man, Frau auch, sie stellen.
Die Stipendiaten stellen sich gefälligst vor und machen aus dem ihnen angetragenen Auftragsbegehren keine elfenbeinerne Türmerei, sondern bewegen sich mit ihrem programmatischen Eifer auf die Menschen um sie herum zu. Ähnlich wie früher, als der Circus in die Stadt kam, erwarte ich einen, oder besser gesagt mehrfach, bis dauernd einen
Begegnungsauftritt, der so nachhaltig sein sollte, daß, wenn die Zeit des Stipendiums vorbei ist, eine Lücke im Stadtleben zu verspüren ist.
An die KünstlerInnen:
TRETET AN DIE BEVÖLKERUNG HERAN und zeigt, warum ihr so anders und doch so gleich seid!
Wenn ihr mit eurer Kunst was zu tun habt, dann werdet zu Propagandisten eures Tuns.
Zeigt den Menschen, daß ihr euren Kram, daß ihr eure Werke, eure Kunst liebt und es euch wichtig ist, euch darüber mit den Menschen auseinander zu setzen.
In dem Moment, da ihr alimentiert werdet und von öffentlicher Knete beschwerdefreie schöpferische Zeit verbringen dürft, müßtet ihr eigentliche den Geldgebern gerne aufs Haupt rücken und, weil ihr deren Interesse an eurem Tun voraus setzen könnt, wenn nicht gar müßt, um vor euch her das nachzutragen, was an Verständnis und Verständnisbereitschaft
möglicherweise fehlt.
DIE KUNST IST ZWAR FREI, ABER DIE KÜNSTLER SIND KEIN FREIWILD !
Der Kunstinteressierte und seine Frau sind zwar neugierig und kundig, aber haben sie Kenntnis genug von den Produzenten ihrer Liebhaberei?
DAS WEITE LAND WARTET AUF SEINE PROVOS und die hier Lebenden mögen es, wenn man sie verunsichert und sie die dadurch herbeigeführte Bereicherung spüren!
In diesem Sinne macht ein aus geweitetes Stipendium viel schlanke Füße, genießt es, wenn der Wettergott ein Grillen am Turm begünstigt und sich die Auseinandersetzung mit den
Künstlern nicht nur auf die einer Vernis- oder Finissage üblichen Smalltalk beschränkt.
Liebe Leute, geht munter und mutig auf einander zu und zeigt euch eure Wunden!
Entweder ihr liebt eure Kunst oder ihr schmeißt sie weg!
Mai 2013
Peter Strege
KUHnst Turm Niederrhein e.V.
Kontakt
KUHnstTurm Niederrhein e.V.
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(am Ende der P+R-Parkplätze)
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0 28 31 / 15 63 (P. Busch)
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